Tiergestützte Therapie: „Tiere sind Eisbrecher, sie wirken helfend und heilend“

Radio Burgenland – Radio Burgenland Sprechstunde

Stefanie Födinger, Psychotherapeutin der Sozialen Dienste Burgenland, sprach über das Thema „tiergestützte Therapie“ in der „Radio Burgenland Sprechstunde“ am 11. August 2023 mit ORF-Moderatorin Nicole Aigner.   

Psychotherapeutin Stefanie Födinger ist Teil des Teams der Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie Eisenstadt, die tiergestützte Therapie führt sie im Kinderdorf Pöttsching durch. Sie erklärt: „Tiere sind Eisbrecher. Sie erwecken Interesse, sie bewerten nicht und ermöglichen nonverbale Kommunikation. Das Bedürfnis nach Körperkontakt wird gestillt und sie wirken durch ihre pure Anwesenheit bereits helfend und heilend.“

Verschiedenste Krankheitsbilder werden behandelt

Bei der Arbeit mit Tieren gebe es Unterscheidungen, etwa die tiergestützte Therapie, Fördermaßnahmen oder Aktivitäten mit Tieren. Ein Spaziergang mit Lamas fällt beispielsweise in die Kategorie der Aktivitäten, diese fördern auch soziale Kompetenzen und bringen Freude. Einer Therapie liege aber immer eine Diagnose zugrunde und es gebe ein klar definiertes Ziel. „Die Altersgruppe liegt meinen Therapien zwischen sechs bis 18 Jahren und Störungsbilder sind unterschiedlich, von ADHS, Angststörungen, Depressionen, posttraumatische Belastungsstörungen bis zu verschiedenen Missbrauchs- und Gewalterfahrungen. Wir haben auch Kinder mit kognitiven sowie körperlichen Einschränkungen. Alles, was es an psychischen Störungen gibt, kann auch tiergestützt behandelt werden“, erklärt Stefanie Födinger. Sie arbeitet nicht nur in der tiergestützten Therapie, sondern auch in der herkömmlichen und berichtet über die Unterschiede: „Die Funktion als Eisbrecher und die Förderung der Therapiemotivation durch die Tiere macht einen ganz großen Unterschied aus. Außerdem nehmen die Tiere auch den Druck aus Prozess. Da man in Therapie auch über das Tier reden kann, entsteht eine gewisse Distanz zu den eigenen psychischen Problemen und es passiert eine Entschleunigung“, so die Psychotherapeutin. Tiergestützte Therapie sei generell nicht Teil des Tarifs der österreichischen Krankenkassen, die Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie der Sozialen Dienste Burgenland in Eisenstadt könne diese Therapie aber zum Kassentarif anbieten.

Viel Spaß und hohe Motivation

Die Psychotherapeutin arbeitet mit drei Therapiepferden und auch drei Therapieziegen im Kinderdorf Pöttsching. Dort ermöglichen ihre Tiere einen Zugang zu Kindern und Jugendlichen, die beispielsweise Gewalterfahrungen durchmachen mussten. „Es gibt viele Studien über posttraumatische Belastungsstörung, in denen erforscht wurde, dass Symptome wie Angst oder Depression markant durch tiergestützte Therapie besser werden“, so Stefanie Födinger. Den Kindern und Jugendlichen mache die Therapie mit den Tieren viel Spaß und es gebe eine hohe Motivation. „Für unsere Therapie gibt es natürlich Vorgaben und Prozesse aber es ist immer auch ein fluider Vorgang. Beispielsweise spricht man mit den Kindern dann darüber, wie sich das Tier gerade fühlt und spricht dann in weiterer Folge über die Gefühle der Kinder“, so die Psychotherapeutin. Diese Art von Therapie sei sehr komplex aber auf eine sehr schöne Art und Weise.

Auch in Geriatrie und Pädagogik finden Tiere Anwendung

Tiere werden in verschiedensten Settings verwendet, Stefanie Födinger erzählt von ihren Erfahrungen aus einer geriatrischen Einrichtung: „Alleine das Berühren eines Felles und die Wärme sowie Bewegungen eines Tieres kann schon sehr wirksam sein. Das aktive und freundliche Zugehen eines Tieres auf einen Menschen erzeugt viel Resonanz.“ Auch in der Pädagogik werden auf Tiere gesetzt, so gebe es etwa hundegestützte Pädagogik im Lehrplan der Pädagogischen Hochschule. „Das fördert etwa die Beobachtungsgabe, die Selbst- und Fremdwahrnehmung sowie die emotionale Kompetenz. Auch soziale und kommunikative Fähigkeiten werden gestärkt“ so die Psychotherapeutin.